Kategorie:Gestalteter Tanz
Von Volkstanzleitern gestaltete Tänze
Hier liste ich einige Tänze auf, die heute als Volkstanz gelten, die aber von Raimund Zoder und seinen Schülern gestaltet wurden.
Volkstanz zwischen den Zeiten
Im Buch Volkstanz zwischen den Zeiten werden auf Seite 48 einige dieser Tänze aufgelistet und die Begründung für diese Neugestaltung hinterfragt.
Hintergrund
Volkstanz war im Bewusstsein Zoders etwas im Volk gewachsenes, an dem man nichts ändern sollte, das möglichst im Original erhalten bleiben sollte. Entgegen dieser Annahme haben er und etliche seiner Schüler Tänze gestaltet, an Bedürfnisse von Tanzgruppen angepasst oder sogar Vorführtänze neu geschaffen.
Ich meine dazu, Volkstanz ist nie "im Volk gewachsen", jeder Tanz wurde wie die Volksmusik immer von einzelnen gestaltet, wie ich etwa beim Treskowitzer Menuett nachgewiesen habe. Wenn diese Gestaltung Anklang gefunden hat, wurde sie von anderen übernommen und auch überliefert.
Einige Änderungen
Zu dieser Gestaltung gehören unter anderem auch Tanzkreis, Tanzrichtung, Aufstellung der Paare, Anordnung der Figuren, Name der Tänze, viele Partnerwechseltänze und ähnliches. In unseren Tanzaufzeichnungen wurde all dies schon von Zoder nach den Bedürfnissen der Pflege geordnet.
Diese Gepflogenheiten sind zwar aus einer heute überholten Ideologie entstanden, die angeführten Beispiele gehen aber auch heute in Ordnung, da sie sich bewährt haben bzw. unsere Volkstänzer sich daran gewöhnt haben. Wir sollten nur wissen, dass dies Gepflogenheiten eben der Pflege sind.
Beispiele
Bei vielen Tänzen gab es ursprünglich keine geordnete Aufstellung oder höchstens eine chaotische. Jeder tanzte, wo gerade Platz war, tanzte oft am Platz, auch beim Rundtanz, oder in eine Richtung, in der das eben möglich war. Genauso ist es heute ja auch beim Gesellschaftstanz.
Bei etlichen Tänzen stand laut Aufzeichnung der Tänzer außen im Tanzkreis, etwa bei der Ennstaler Polka. Ich meine, auch das war nie eine vorgeschriebene Aufstellung, sondern eher ein Hinweis auf diese ungeordnete "Tanzaufstellung", genau so wie der Beginn gegen die heute vorgeschriebene Tanzrichtung etwa beim Paschaden Flugsummi.
Bei vielen Tänzen wurde die Anordnung verschiedener Figuren erst durch die Pflege fixiert, etwa bei unseren Ungarisch-Schottischen oder beim Feistritzer Landler.
Um die vielen Tänze voneinander unterscheiden zu können, wurde oft der Aufzeichnungsort im Namen angeführt, etwa Topporzer Kreuzpolka statt Kreuzpolka. Dies wurde auch dann gemacht, wenn es eigentlich nicht notwendig gewesen wäre, etwa wurde von Zoder der Scheibentanz in Feistritzer Ländler umbenannt.
Der Tanzkreis hat überhaupt einen mythischen, ideologischen Hintergrund, der an sich seit 1945 überholt ist. Ich behaupte, ein Tanzkreis war im ursprünglichen Tanz des Volkes nur bei wenigen Tänzen wirklich notwendig. Bei allen in den Volkstanz übernommenen Gesellschaftstänzen des 19. Jahrhunderts war er eben nicht notwendig und wurde daher auch nicht allgemein angewendet. Der Kreis als Sinnbild einer Gemeinschaft, oft als Volksgemeinschaft interpretiert, war im Volk nie wichtig. Allerdings hat er sich als Ordnungsrahmen bei unseren Volkstanzgruppen sehr bewährt.
notwendige Änderungen
Unser Verständnis von Volkstanz ist derzeit in Änderung begriffen. Ich liste hier vorerst meine Wünsche auf Tanzfeste auf, die derzeit erst teilweise selbstverständlich werden.
- Tanzen soll Freude bringen. Alles, was Freude am Tanz fördert, auch jugendliche Auswüchse, sollte erlaubt sein. Tanzen ohne Freude ist Museum oder Theater.
- Jeder, der gerne tanzt, sollte bei jedem Tanz mitmachen dürfen, auch wenn er die vorgeschriebenen Figuren nicht oder nicht vollzählig beherrscht. Genau das hat schon Ernst Hamza im Jahr 1913 bei der Erstaufzeichnung des Scheibentanzes beschrieben. Die heute übliche Figurenreihenfolge hat dann Raimund Zoder 1931 festgelegt.
- Jeder sollte darüber hinaus seine eigene Figurenreihenfolge tanzen dürfen, wenn es ihm Freude macht - und wenn er damit die anderen Tänzer nicht stört.
- Beim Tanz halte ich einen lieben Menschen im Arm und nicht ein Tanzsportgerät.
- Wenn ich mit einem bestimmten lieben Menschen tanzen möchte, darf ich auch etwa bei Wechseltänzen eusscheiden, ohne schief angeschaut zu werden.
- Wer für mich ein lieber Mensch ist, ist alleine meine Entscheidung und die meines Partners, geht sonst niemanden etwas an. Warum sollen nicht auch Frauen mit Frauen und Männer mit Männern tanzen?
- Auch wenn ich müde bin, oder aus vielen anderen Gründen, muss ich nicht bei jedem Tanz mittanzen müssen.
- Volkstracht ist etwas Schönes, ich trage sie gerne, vor allem bei festlichen Gelegenheiten. Wenn ich sie aber einmal nicht trage, geht das ebenfalls niemanden etwas an. Niemand darf ausgeschlossen werden, nur weil er nicht die passende Tracht trägt, sondern etwa im Wiesendirndl oder im Ballkleid zu unseren Festen kommt.
- Noch einmal: Tanzen soll Freude sein.
Fingerspitzengefühl
Herbert Lager meinte bei vielen mir in Erinnerung gebliebenen Referaten, Neugestaltung von Volkstänzen sei manchmal notwendig, müsse aber mit dem richtigen Fingerspitzengefühl vorgenommen werden, das dürfe man nur, wenn man es im kleinen Finger habe. Dazu zeigte er mit der linken Hand seinen rechten kleinen Finger. Offensichtlich meinte er damit, er sei der einzige im Saal, der einen derart ausgebildeten Finger besitze.
Ich meine dazu, Volkstanz ist nichts Elitäres, nur einer entsprechend ausgebildeten Elite vorbehaltenes. Volkstanz wurde immer durch einzelne im Volk gestaltet, durch Leute, die wir heute nicht mehr kennen. Volkstanz dürfen auch wir mit unserem geänderten Lebensgefühl gestalten, und das geschieht auch.
Musik
Besonders deutlich ist das auch bei der vielen Tänzen zugeordneten Musik. Die vom Überlieferer verwendeten Melodien wurden oft als nicht passend verworfen oder auch nur nicht mit aufgezeichnet, da es ohnedies sehr viele passende Melodien gäbe. Nicht passend war immer, wenn ein Tanz zu einer Schlagermelodie oder ähnlichem getanzt wurde. Dabei stammen viele überlieferte Melodien aus Schlagern, die als solche dem Aufzeichner nicht mehr bewusst oder nicht bekannt waren.
Auch die Verengung der vielen überlieferten Melodien auf eine einzelne Kennmelodie ist leider geschehen, ist aber eigentlich eine Verarmung der Überlieferung.
Volksmusik
Was für mich Volksmusik ist, habe ich auf der Seite Alpenländische Volksmusik kritisch betrachtet.
Volkstanzbücher ideologisch betrachtet
Ich habe mir vorgenommen, einzelne Werke der Volkstanzliteratur, vor allem deren Einleitung kritisch auf ideologische Hintergründe zu untersuchen. Da es doch viele Werke gibt, bei denen dies nötig wäre, wird dies einige Zeit dauern. Über Mithilfe, um dieses Werk schneller beenden zu können, würde ich mich freuen.
Vorerst habe ich folgende Werke durchgearbeitet:
- Deutsche Volkstänze aus dem Karpatenraum (Horak)
- Volkstänze aus der Slowakei (Horak)
- Österreichische Tänze, I. und II. Teil
- Österreichische Volkstänze (Zoder).
Weitere werden folgen.
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