Volkstanz zwischen den Zeiten

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Helmut Jeglitsch, der Initiator des Buches, schreibt

Ein großes und über mehrere Jahre gelaufenes Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Österreichischer Volkstanz ist zu einem Ende gekommen. 33 Autoren haben 41 Beiträge und viele bisher unveröffentlichte Fotos geliefert und sich in sehr unterschiedlicher Weise dem bisher interdisziplinär sehr wenig beforschten Thema „Volkstanz“ angenähert.

Das Ergebnis ist ein großformatiges Buch von 285 Seiten mit den Kurzfassungen der Beiträge. Die Langfassungen mit Fußnoten und Quellehinweisen sowie zusätzliches Bild-, Film- und Tonmaterial befinden sich auf einer DVD, die dem Buch beigelegt ist.

Das gesamte Werk wurde im Rahmen der Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerkes www.Volksliedwerk.at am 25.8.2012 in Weyregg am Attersee der Öffentlichkeit vorgestellt werden Es kann dort oder im Büro der BAG zum Preis von € 39,90 plus Versandkosten erworben werden.

Über das Buch

(Dieser Text, verfasst von Else Schmidt, wurde dem Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft der Wiener Volkstanzgruppen vom Herbst 2013 entnommen.)

Das Buch „Volkstanz zwischen den Zeiten“ hinterfragt kritisch die Geschichte des Tanzes und der Volkstanzbewegung, Volkstanz als Idee – und damit etwas, was vielfach als immerwährende Selbstverständlichkeit unseres volkstänzerischen Lebensfeldes empfunden wird. Das Hinterfragen polarisiert hörbar! Das Werk wird sehr gelobt, aber gleichzeitig mancherorts als Angriff empfunden, skeptisch gesehen. Untergriffig wird dann die naiv anmutende Frage aufgeworfen, wieso Identifikation, Gemeinschaft plötzlich suspekte Werte darstellen sollten?

Wie schon Konrad Köstlin, der em. Univ. Prof. für Europäische Ethnologie, formulierte, ist Identifikation notwendig für unsere Beheimatung, Verortung, Einbindung in die Gesellschaft (die aber nicht deckungsgleich mit Gemeinschaft oder „Volksgemeinschaft“ ist). Geschaffen wird sie auch über Symbole und symbolhafte Handlungen – wie etwa Volkstanz, Volksmusik, Tracht, spezifische Küche usw. Die Einbindung schafft Gemeinschaftsgefühl, das für den Menschen als soziales Wesen notwendig ist – und das in seiner Tragfähigkeit einen wesentlichen Beitrag zu einem humanitären Umfeld darstellt.

Aber: stets von neuem muss uns dabei die Frage begleiten, ob wir uns in unserer gewählten Gemeinschaft für elitär bzw. exklusiv halten? Wie verstehen wir uns und unser Tanzen – als Mythos oder Geselligkeit? Welche Bewertungen sind im Spiel?

Seit ihren Anfängen lebte die Volkstanzbewegung von „Papa Zoder“ und seinen Schülern, vielfach der Lehrerschaft angehörend und von der Jugendbewegung geprägt. Charismatische Persönlichkeiten, Autoritäten vermittelten ein intensives Gemeinschafts- und Lebensgefühl mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein. Personen politisch unterschiedlicher Ideologien konnten sich hier verbinden und eine gemeinsame Idee schaffen. In einer Kontinuitäten suchenden „Volkstumsarbeit“ wurde Homogenisierung gesucht, ein System von allgemeingültigen, überzeitlichen und verbindlichen Regeln. Reflexionen über das verfolgte Kulturkonzept wurden auch nach dem 2. Weltkrieg nicht geführt, waren doch die handelnden Personen als Autoritäten anerkannt und die Sachverhalte „in die Herzen geschrieben“?!

Wenn nun spät, aber umso notwendiger reflektiert und aufgearbeitet wird, tut das natürlich vielfach weh! Wer von uns lässt sich schon gern liebgewordene Erinnerungen realistisch zurechtrücken? Je emotionaler die Bindung an die Erinnerung, desto schwieriger gestaltet sich bekanntlich der distanzierte Blick, der mit Wissen um die Entwicklung auch ein Überdenken der Positionen nahe legt! Oder wie es Olivier Assayas ausgedrückt: „Wir leben zwei Leben – das reale und das unserer Imagination, unsere Erinnerungen bestehen immer aus beiden gemeinsam. Aber wenn es nur um meine eigenen persönlichen Erinnerungen gehen würde, dann wäre die Geschichte ja automatisch sehr klein.“

Möge uns nicht nur eine kleine Geschichte des Volkstanzes gelingen!